Möchtest du wie eine
zarte Pflanze, die durch den harten Asphalt hervorsticht, die harten Hürden
deines Arbeits- und Schulalltags durchbrechen? Wie ein feuerfestes Hemd, das
dem größten Hausbrand trotzt, mit deiner Psyche, Seele und deinem Herzen, die
Flammen deiner sozialen Probleme heil und munter überstehen? Unter dem Schutz
eines Allmächtigen frei von allen Gefahren und Ängsten sein?
Dann sprich die
folgende mächtige Gebetsformel mit der Zunge aus, während du mit ganzem
Herzen an ihren Inhalt glaubst und ihn innerlich fühlst und auslebst.
Die Kurzversion der
Formel lautet "Bismillah",
die lange Version der Formel
"Bismillahirrahmanirrahim".
Damit du dich von
dieser Tatsach überzeugen kannst und somit an diesem segensreichen Spruch
festhältst, empfehle ich dir wärmstens, folgende Geschichte mit Bedacht und allen Sinnen
zu lesen. Diese Geschichte -besser gesagt dieses Gleichnis- stammt von dem
liebenswürdigen Gelehrten Said Nursi, der sich für das Wohl und den Frieden der
Menschheit geopfert hat. Es handelt sich hier um einen Teil seines Briefes an einen Schüler, den ich sinngemäß übersetzt und an einigen Stellen auch zwecks der Verständlichkeit für Neueinsteiger erläutert und angepasst habe. Meine ungefähre Übersetzung kann den Originaltext niemals in voller Qualität wiedergeben.
Auszug aus dem ersten Wort des Risale-i Nur Gesamtwerkes
„Bismillah“
ist der Beginn alles Guten. Auch wir beginnen mit ihm. Wisse, oh mein Nefis:
So wie dieses gesegnete Wort ein Zeichen des Islam ist, so ist es auch ein
immerwährendes nonverbales Gebet der gesamten Schöpfung.
Willst du verstehen, was für eine große, unerschöpfliche
Kraft und welch ein nicht enden wollender Segen „Bismillah“ ist, so betrachte
folgendes Gleichnis und höre zu:
Wer durch die beduinisch-arabische Wüste reist, sollte sich
unbedingt in Obhut eines Stammesfürsten begeben und in seinem Namen reisen,
damit er sich vor den Gefahren der Räuber schützen und seine Bedürfnisse
erfüllen kann. Unternimmt er die Reise dagegen auf eigene Faust, so wird er
angesichts seiner unzähligen Feinde und Bedürfnisse verelenden.
Für solch eine Reise begaben sich einmal zwei Männer in die
Sahara. Der eine von ihnen war bescheiden, der andere aber hochmütig... Der
Bescheidene erbat den Schutz eines Fürsten und reiste in seinem Namen, der Hochmütige
aber nicht... Der Erste bewegte sich überall in Sicherheit. Begegnete er einem
Räuber, so nannte er nur den Namen des Stammesfürsten, sodass der Räuber ihm
nichts antun konnte und weiterzog. Trat er in ein Zelt ein, wurde er bei
Nennung dieses Namens in Ehren aufgenommen.
Dahingegen geriet der Stolze während der gesamten Reise in
solche Schwierigkeiten, die man kaum beschreiben kann. In Angst und Not musste
er ständig zittern und betteln. Er wurde entwürdigt und blamiert.
Nun denn, oh mein hochmütiger Nefis! Dieser Reisende bist du.
Die Wüste in dem Gleichnis wiederum symbolisiert unsere Welt. Deine Schwäche
und Armseligkeit sind grenzenlos. Deine Feinde sind zahllos und deine
Bedürfnisse unendlich.
Weil das aber so ist, handle nur im Namen Allahs, des wirklichen Besitzers und
ewigen Herrschers dieser Welt, damit du davor
bewahrt bleibst, in aller Welt betteln zu müssen und vor jedem Ereignis zu
zittern…
In der Tat ist diese Gebetsformel,
ein so gesegneter Schatz, dass sie für dich eine Beziehung zur unendlichen Macht
und Barmherzigkeit des Schöpfers herstellt und deine grenzenlose Schwäche und Bedürftigkeit als Fürsprache für dich bei dem allbarmherzigen Allmächtigen einlegt. Wer mit diesem Wort, also im
Namen von Allah handelt, gleicht einem Mann, der sich als Soldat rekrutieren
lässt und im Namen des Staates handelt, weshalb er niemanden mehr fürchten muss.
Er braucht nur „Im Namen des Gesetzes, im Namen der Regierung“ zu sagen,
wodurch er jede Arbeit erledigt und jede Schwierigkeit überwindet.
Wie zu Beginn schon erwähnt, spricht die ganze Schöpfung „Bismillah“. Doch wie geschieht das? Um diese Tatsache besser zu verstehen, stelle
dir einmal einen einzigen Mann vor, der ganz alleine die Bewohner einer ganzen
Stadt an einen Ort verbannt und sie Zwangsarbeit verrichten lässt. Du würdest
sofort mit Sicherheit darauf schließen, dass dieser Mann niemals im eigenen
Namen mit seiner bloßen eigenen Kraft handelt, sondern vermutlich eine Art
Soldat ist, d.h. im Namen eines Staates handelt und sich auf die Macht eines
Herrschers stützt.
Genauso handeln alle Dinge im Namen Gottes, sodass winzig
kleine Samenkerne und Körner riesige Bäume auf ihrem Haupt tragen, Lasten
gleich Berge emporheben. Das heißt also: Jeder Baum spricht "Bismillah"; er
füllt seine Hände aus der Schatzkammer der Allbarmherzigkeit mit Früchten,
streckt sie uns entgegen, bietet sie uns an.
Jeder Garten spricht "Bismillah"; er
wird zu einem Kessel in der Küche der Macht, worin die verschiedensten Arten
köstlicher Speisen gleichzeitig zubereitet werden.
All die Tiere wie Kühe, Kamele, Ziegen und Schafe, die Gott
zum Segen der Menschheit geschaffen hat, sprechen "Bismillah". Aus der Fülle
des Erbarmens entsteht ein Brunnen von Milch. Sie bieten uns im Namen des
wirklichen Versorgers (also Gott) die feinste und reinste Nahrung gleich dem Wasser des Lebens an.
All die Pflanzen, Bäume und Kräuter sprechen "Bismillah" mit
ihren seidenweichen Wurzeln und Adern. Sie durchdringen harte Steine und feste
Erde. Sie sprechen „Im Namen von Allah, im Namen von Rahman“
und es unterwerfen sich ihnen alle Dinge.
Die Tatsache, dass so wie sich Äste in der Luft ausbreiten
und Früchte tragen, auch die Wurzeln sich inmitten von fester Erde und harten
Steinen mit derselben großen Leichtigkeit ausbreiten und ihren Ertrag hervorbringen
und weiterhin die Tatsache, dass die empfindlichen grünen Blätter auch noch in
großer Hitze monatelang frisch bleiben, lässt die Naturalisten mit einem Schlag auf den Mund verstummen,
steckt ihnen den erhobenen Zeigenfinger in ihre verblendeten Augen und predigt zu ihnen: „Sogar
die Härte und die Hitze, der du eine so große Macht zuschreibst, handeln im
göttlichem Auftrag, sodass diese seidenweichen Adern gleich dem Stab Moses dem
Befehl ‚Und wir haben gesagt: Schlage den Felsen mit deinem Stab!‘ [7] gehorchen
und die Felsen spalten. Und diese zarten Blätter, dünn wie Zigarettenpapier, symbolisieren
selbst in glühender Hitze den Koranvers ‚Oh Feuer, sei kühl und friedlich!‘[8], wie auch
damals die Körperglieder des Gottesgesandten Abraham (mit dem Friede sei), als
dieser ins Feuer geworfen wurde.“
Da nun einmal jedes Wesen zumindest nonverbal "Bismillah" sagt und uns nur im Namen Allahs seine Gnadengaben entgegenbringt und anbietet,
müssen auch wir "Bismillah" sagen.
Nur im Namen von Allah sollten wir geben und auch nur in
seinem Namen die Gaben entgegennehmen. Aus diesem Grund sollten wir von
Menschen auch nichts annehmen, die Allah vergessen haben und nicht in seinem
Namen geben.
Wir
zahlen an Menschen, die Nahrungsmittel verkaufen, einen bestimmten Preis. Doch
welchen Preis verlangt wohl Allah als der wahre Eigentümer dieser
Nahrungsmittel[9]?
Es sind drei Dinge, die der Wahre Geber als Preis für seine wertvollen
Gnadengaben von uns fordert.
Erstens: an Allah gedenken (Zikir),
zweitens: Allah danken (Schukur),
drittens: über Allah und seine Gaben nachsinnen (Fikir).
Zu
Beginn einer Handlung wie z.B. der Nahrungsaufnahme zählt das Aussprechen der Gebetsformel „Bismillah“ als Zikir. Am Ende zählt
das Aussprechen der Gebetsformel „Alhamdulillah“ als Schukur. Dazwischen[11] zählt als Fikir, wenn man darüber nachdenkt und es auch begreift, dass die vorliegenden Gnadengaben
Allahs, die alle eigentlich unbezahlbare und nicht nachahmbare Kunstwerke sind,
nur ein Wunder der Allmacht und ein Geschenk des Allerbarmens eines Schöpfers sein
können, der die Attribute „Al-Ahad“
und „As-Samad“ hat.
Genauso, wie es eine große Dummheit
wäre, einem Habenichts die Füße zu küssen, wenn er dir ein kostbares Geschenk
eines Königs überbringt und dabei den Eigentümer des Geschenkes nicht zur
Kenntnis zu nehmen, so ist es tausendmal dümmer, die äußerlich sichtbaren
Spender zu loben und zu lieben, den
Wahren Geber aber zu vergessen.
Oh
mein Nefis! Wenn du nicht so dumm sein willst, dann gib im Namen Allahs, nimm
im Namen Allahs. Im Namen Allahs fange an. Im Namen Allahs führe aus.
[2] Nefis hat in der islamischen Terminologie mehrere
Bedeutungen: Zum einen kann man damit das eigene Ego meinen, zum anderen ist es
eine symbolhafte Instanz, die für die animalischen Triebe eines Menschen steht.
Doch der Nefis ist nicht unveränderbar. Islamische Persönlichkeiten haben
versucht, den Nefis mit Hilfe ihres Verstandes zu überzeugen, mit Hilfe guter
Taten und Gedanken zu reinigen und mit Hilfe von Askese abzuschwächen. Deshalb
appelliert auch Said Nursi immer zuerst an seinen eigenen Nefis und dann erst
an seine Zuhörerschaft.